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Der eintausendjährige Turm

Fotografien: Scarpante Denis

Text Maria Teresa Corso.

In eine Turmecke geklemmt, steckt noch immer eine Reliquie des XVI. Jahrhunderts, der Rest eines Ringes von einer großen Kette, an welche die Verbrecher gefesselt wurden, um sie am Pranger den Passanten vorzuführen.

Im oberen Teil des Turms befindet sich ein wichtiges Paneel, das die funktionierende Uhr enthält, die mit einem Mechanismus aus dem XVIII. Jh. (1739), angetrieben wird. Seit jeher schlägt sie die Stunden für die Einwohner der Stadt. Diese muss aber täglich per Hand wieder aufgezogen werden, das bedeutet, dass 98 Stufen hochgestiegen werden müssen, um die Zelle zu erreichen, in der das Uhrwerk untergebracht ist. Frau Milocco Angelina, die 108 Jahre alt geworden war, berichtete, dass die Uhr einen großen Glasquadranten besaß, den man von der Lagune aus sehen konnte. Leider wurde dieser von einem Blitz getroffen und nie wieder restauriert. Vor Kurzem, als das alte Gerät einen Schaden erlitt, hat die lokale Verwaltung dafür gesorgt, dass das alte Gerät durch ein modernes und funktionelles Uhrwerk ersetzt wurde.

In der Südfassade des Turms befinden sich in den Nischen halbe Büsten der Amtsbeauftragten, die der Familien Bragadeno, Gradenigo und Foscarini angehörten.

Einige Grabsteine sind von Ornamenten umgeben, die die Zeichen der Renaissance widerspiegeln: von Kriegstrophäen über Rüstungen, bis hin zum steinernen Gemeindewappen.

Der Provveditore (Amtsträger) Gerolamo Contarini, dessen Wappen sich im Architrav des Eingangstores zum Turm befand, errichtete 1557 zwei Kerker, die noch zu sehen sind: ein unterirdischer Kerker, der andere auf der oberen Etage, der 1601 ein Munitions- und Schießpulver-Lager war. „… wenn er Gefangene mit verzweifelten Gedanken fände, könnte er einige bemerkenswerte Verbrechen begehen und den Bewohnern schweren Schaden zufügen”.

Man findet zwei gemeißelte Figuren unter dem Turm, die einen Bischof oder Sant’Antonio repräsentieren?

In der Fassade, die nach Osten blickt, befindet sich in einer Nische, der sogenannte Löwe in moleca: Nach Angaben der Venetier, stellt er, angesichts der kauernden Position, eine „Krabbe” dar, die beim Panzerwechsel weich wird und sich in eine „moleca (Krebs während der Häutung)“, verwandelt. Der venezianische Markuslöwe wird im Allgemeinen majestätisch mit Schwert und Evangelium auf vier Beinen, manchmal in der „moleca – Position“ dargestellt. Dessen Bedeutung liegt in seiner Haltung: Aufgebäumt, Profilansicht und auf den Hinterbeinen stehend; in „moleca“ Frontalansicht, sitzend, mit ausgebreiteten Flügeln; als Passant, Profilansicht und der rechten Vorderpfote auf dem Buch ruhend. Wenn der Löwe mit dem offenen Buch (Evangelium) einhergeht, muss die Stadt, in der er sich befindet, Steuern zahlen. Wenn die Pfote des Löwen über dem geschlossenen Buch ruht, das Schwert auf das Buch, oder nach oben gerichtet war, war die Stadt, aufgrund von Kriegsverdiensten, von der Steuer befreit.

In der Fassade, die nach Westen weist, erkennt man den Grabstein des Amtsbeauftragten Tron (1608), der später zum Dogen erhoben wurde, mit seinem gemeißelten, heraldischen Wappen.

Man erkennt auch ein Basrelief, das typische Elemente einer militärischen Trommelburg aufweist, die mit Bändern, von möglichen Musketen (der obere Teil des Ornaments fehlt), einem Schießpulver-Fass und dem Teil einer Schusswaffe, umrandet ist. Über der Kanone befindet sich wahrscheinlich ein „mascolo“ (abnehmbares, hinteres Teil der Kanone) – ein Ladegerät, eine „cazza“ zum Inserieren des Schwarzpulvers und einer Anzahl von Kanonenkugeln oder Projektilen.

Auf den Plätzen vor dem Turm, der sogenannte Vittorio Emanuele II (früher piazza Grande – großer Platz) und der andere, Piazza Marii, befinden sich zwei Brunnenumrandungen oder Zisternen, die aus Gestein von Istrien bestehen und zum Auffangen des Wassers dienen. Sie sind sechseckig und stammen aus dem XVI. Jahrhundert. Die eine bildet den hervorragenden Erbauer Bernardo Contarini, die andere den Tiepolo, ab. Marano war im XII. Jahrhundert „pieve“ plebejisch, unterlag dem Kapitel von Aquileia, welches Maran einen ihrer Pfarrer aufzwang, wodurch der Ort einer Villa mit all seinen Auswirkungen, die unter die patriarchalische Zuständigkeit fielen, gleichkam. Es wurden Traditionen und Feiertage an festgelegten Tagen eingehalten, eine Gebührenerhebung des zehnten Teils wurde auf das gesamte Gebiet Friauls auferlegt und somit auch auf dessen Sprache, wie man aus einer Liste der steuerpflichtigen Schuldner entnehmen kann, da mindestens zwei Drittel furlanische Namen trugen.

Heute wird ausschließlich der maranesische Dialekt gesprochen, ähnlich dem von Grado und dem von Venetien mit meridionalem Einschlag.